Mehlschwalbe © Mathias Schäf

Vogel des Jahres 2010: Mehlschwalbe

Die Mehlschwalbe, Vogel des Jahres 2010 von BirdLife Schweiz, ist eine Kulturfolgerin, die seit langem mit den Menschen unter einem Dach lebt. Aus feuchten Lehmkügelchen baut der kleine Insektenfresser sein Nest aussen unter dem Dach. Eine intensive Landwirtschaft, die zunehmende Versiegelung von Böden, aber auch Angst vor Verschmutzungen an Gebäuden durch Schwalbennester bedrohen auch in der Schweiz den Mehlschwalben-Bestand.
     

 

Männchen und Weibchen der Mehlschwalbe zeigen beide eine weisse Körperunterseite, einen blauschwarzen Kopf und Schwanz und blauschwarze Flügeloberseiten. Ähnlich wie die Rauchschwalbe hat auch diese Art den typischen, wenn auch nur schwach gegabelten Schwalbenschwanz. Die für europäische Schwalben einzigartige mehl- bis reinweisse Unterseite und der weisse Bürzel gaben der Mehlschwalbe ihren Namen.


Aus feuchten Lehmklümpchen baut die Mehlschwalbe ihr Nest.

Ein weitgereister Zugvogel

Ende April kehrt die Mehlschwalbe aus Afrika zurück nach Europa. Oft sucht sie ihren Geburts- oder letztjährigen Brutort auf. Nach der zweiten Brut ab Mitte August bis Oktober verlässt sie ihr Brutgebiet wieder und zieht nach Afrika, wo sie von der Sahelzone bis ans Kap überwintert. Während des Zuges ist sie verschiedenen natürlichen Gefahren ausgesetzt; im Winterquartier bedroht die Zerstörung ihrer Nahrungsgrundlagen durch Pestizideinsatz ihr Überleben.

Ein Leben mit den Menschen

Ursprünglich brüteten Mehlschwalben an senkrechten Felswänden bis über die Baumgrenze hinauf, was heute teilweise noch im Tessin (vor allem in Steinbrüchen) und im Wallis zu beobachten ist. Seit langem werden auch verputzte Stellen an Dach- und Mauervorsprüngen von Häusern als Brutplätze genutzt. Daher kommt auch das Sprichwort «Wo die Schwalbe nistet am Haus, ist das Glück zuhaus.» Mehlschwalben sind Koloniebrüter (2-100 Brutpaare pro Kolonie), die ihre Nester ab Anfang Mai an Gebäuden in Dörfern und Städten errichten. Die grösste Kolonie der Schweiz umfasst rund 500 Brutpaare.

Um die typischen, halbkugelförmigen Nester zu bauen, benötigen die Mehlschwalben feuchten Lehm, der Kügelchen für Kügelchen (700-1500 Stück) mit Speichel vermischt zu einem Nest verklebt wird. Das Nistmaterial finden die Vögel in Lehm- und Schlammpfützen und an Ufern von Gewässern. Die 4-5 Eier der ersten Brut legt das Weibchen gegen Mitte Mai und bebrütet sie während 14-16 Tagen. Nach rund 22 Tagen verlassen die Jungvögel erstmals das Nest. Meist wird ab Mitte Juli noch eine zweite Brut aufgezogen.


An Schwalbenhäusern können ganze Mehlschwalbenkolonien brüten. © Kurt Mohler

Flugjagd auf Insekten

Die Mehlschwalbe jagt Insekten wie Mücken, Fliegen und Blattläuse, die sie im Flug und in Gruppenjagd erbeutet. Am Boden hält sie sich nur zur Aufnahme von Nistmaterial auf.

Gefährdung der Mehlschwalbe

Heute finden sich kaum mehr Grosskolonien, wie sie in der Schweiz noch in den 1950er Jahren vorkamen. Dazu fehlen offene, unversiegelte Flächen und Feuchtstellen im Siedlungsraum, wo der Vogel Baumaterial für seine Nester sammeln kann. Hinzu kommt, dass aus Angst vor Fassadenverschmutzungen Schwalbennester oft nicht geduldet werden. Im Gegensatz zu den landwirtschaftlichen Gebäuden in Dörfern bieten moderne städtische Bauten (zum Beispiel aus Glas) mit ihren glatten Fassadenoberflächen auch keine Nistgelegenheiten mehr für die Mehlschwalben, da die Nester nicht an glatten Wänden haften.

Einfache Schutzmassnahmen

Mit etwa 25 cm breiten Kotbrettern, die circa 60 bis 80 cm unter den Nestern angebracht werden, können Fassaden gut vor Verschmutzungen geschützt werden. Mehlschwalben nehmen auch gerne künstliche Nester an. Am besten hängt man mindestens 3 bis 5 Nester miteinander auf.

Neu werden auch Schwalbenhäuser errichtet. Schwalbenhäuser können auf einer Wiese aufgestellt werden und bieten rund 50 Paaren einen Brutplatz; so kann eine ganze Brutkolonie entstehen. Zudem bilden Pfützen, die feucht gehalten werden, als «Schwalbenpfützen» den Vögeln Gelegenheit, Nistmaterial zu sammeln. Blumenwiesen und Kiesflächen mit Blumen sorgen auch im Siedlungsraum dafür, dass die Mehlschwalben genügend Insekten finden.


Kotbretter fangen einen Grossteil des Kots auf.
   


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